Falknerei.de - Die Geschichte der Falknerei im 20. Jahrhundert |
1913 - Freiherr Christoph von Biedermann stirbt |
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| Nach dem Ende der höfischen Falknerei in Deutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts trat die Beizjagd erstmals wieder im Jahr 1881 einem größeren deutschen Publikum ins Bewußtsein, anläßlich der Jagdausstellung in Kleve. Später, in den 1890er Jahren, war es allen voran Freiherr Christoph von Biedermann (17.10.1862-05.02.1913), der sich mit der Falknerei beschäftigte und ihre Fahnen wieder hochhielt. In seinem ehrgeizigen Bestreben, die Beizjagd besser verstehen und ausüben zu lernen, aber auch um seine eigenen praktischen Erfahrungen mit den falknerischen Überlieferungen fremder Kulturen vergleichen zu können, begann er 1894 das gesamte erreichbare Beizjagdschrifttum des In- und Auslandes zusammenzutragen und zu studieren. Schon bald konnte er die umfassendste Jagdbibliothek der damaligen Zeit sein Eigen nennen; geschätzter Wert: unvorstellbare 100.000 Mark.
Um die Theorie auch für die Praxis auszuwerten, hatte sich Christoph von Biedermann zunächst zwei Wanderfalken verschafft, um sie selber abzutragen. Alles, was an Falknereigerät dazu gehörte: Hauben, Geschüh, Fesseln etc. stellte er selber nach den Angaben der alten Bücher her. Um das Jahr 1897/98 war sein fürstlicher Beiztroß auf 24 Beizvögel angestiegen, darunter als besonderer Stolz ihres Besitzers auch einige Gerfalken. Da sich alles im Hause Biedermann dem erklärten Ziel der Herausgabe eines allumfassenden Falknereilehrbuches unterordnete, Freifrau von Biedermann teilte in dieser Hinsicht die Begeisterung ihres Mannes, verließ die Familie 1897 Dresden in Richtung Räcknitz, um auf den dort weitflächigeren Ebenen besser beizen zu können. Der Freiherr war seinem Endziel schon sehr nahe, als er im September 1898 auf der Beizjagd von einem seiner Falken beim Abspringen mit einer Kralle leicht am Auge verletzte wurde. Aus der winzigen Wunde entwickelte sich binnen 12 Stunden eine Geschwulst, die erst verspätet, nachdem der stattliche Mann am Folgetag ins Koma gefallen war, als Blutvergiftung diagnostiziert wurde. Fortan fast gänzlich gelähmt, war an ein systematisches Arbeiten und Forschen nicht mehr zu denken. Die sich bald einstellenden finanziellen Engpässe nötigten die Familie zudem schweren Herzens zur Verpfändung der Bibliothek - die seitdem größtenteils verschollen ist -, und als hätte das Schicksal diesen tugendhaften Edelmann nicht schon genug gestraft, ging auch das handgeschriebene Manuskript seines Falkenbuches unwiederbringlich verloren. Dies war und ist besonders deshalb von weitreichender Tragik, da es von Biedermann immer wieder ablehnte, schon vor dem Erscheinen seines Hauptwerkes Aufsätze über die Praxis der Falknerei zu schreiben, gleichfalls aber nicht mehr die Kraft fand, die verlorenen Zeilen neu zu formulieren. So nahm er 1913, als er nach fünfzehn Jahren leidvollen Siechtums starb, sein großes Wissen mit ins Grab, und man kann heute nur mehr darüber spekulieren, welchen fördernden Einfluß die Veröffentlichung seines Werkes - selbst posthum - auf die Entwicklung der modernen Falknerei in Deutschland genommen hätte. | |
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