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| | | | | | Beizjagd auf Flugplätzen ... bietet gute Chancen und Anblicke. | | Am Samstag früh 10 Uhr versammelten sich die Aktiven und Zuschauer des Landesverbandes zum Beizvogelappell auf dem Gelände des Jagdclubs Darmstadt. Die Sonnenstrahlen und der blaue Himmel machten allseits gute Laune, und die Hoffnung war groß, einen schönen Jagdtag zu erleben. Neun Mitglieder waren mit Vogel angereist – sieben mit Habichten und zwei mit Harris Hawks. Nach der Begrüßung und der Einteilung in die Reviere wurde zum Aufbruch der Jagd geblasen. Die Schar der Zuschauer und Interessierten – ein gutes Dutzend an der Zahl – wurde angewiesen, der Gruppe zum stillgelegten Flughafen zu folgen, da sich hier auf den freien Flächen die Jagd am besten beobachten läßt.
Das Gelände des alten Mitlitärflughafens bei Darmstadt ist noch ein kleines (Beiz-)Paradies. Kein Flugbetrieb mehr, kein Besucherverkehr, keine Hunde ... nur ein paar Schafe; ansonsten ist man hier mit sich, seinen Gedanken und dem Beizvogel allein auf weiter Flur. Nachdem jedem Falkner ein Frettchenführer zugeteilt war, verteilten sich die vier Praktiker auf dem großen Gelände in die vier Himmelsrichtungen, um die vielen Bauten mit Frettchen und Hunden abzugehen. "Wie würde der Kaninchenbesatz in diesem Jahr sein?", frage ich mich bange. Im Jahr 2000 hatte die China-Seuche nahezu den gesamten Besatz ausgelöscht. | | | | | Beizvogelappell am frühen Morgen (links). Die Flugleitzentrale ist besetzt (rechts). | | Mein Augenmerk gilt zuerst unserem Jungfalkner Claas Niehues, der einen jungen Harris Hawk-Terzel auf der Faust trägt. Wie viele andere leidet auch dieser junge Mann zu Hause (Kassel) an Wildmangel, und so hatte er noch keinen Erfolg auf Kaninchen vorzuweisen. Wenn nicht hier, wann und wo soll es dann klappen? Nach kurzer Absprache erklärt sich Helmut Anhäuser, der zu Gunsten der Jungmitglieder auf das Mitbringen des eigenen Vogels verzichtet hatte, bereit, seine perfekt laufenden Frettchen in den Dienst des jungen Herrn Niehues und seines "Neo" zu stellen.
Bereits der erste Bau bringt den ersten Flug. Gleichwohl der Harris das angejagte Kaninchen wieder auslassen muß, weckt dieser Flug doch Hoffnung. Nicht nur zeigte der kleine Vogel Motivation, auch die zwei kurz hintereinander nachgesprungenen Kaninchen sind ein Grund zur Freude. Im letzten Jahr hatten wir an zwei Tagen zusammen 12 Kaninchen gesehen - nicht gefangen! gesehen!! - und jetzt gleich drei am ersten Bau. Und auch aus dem nächsten springt sogleich ein Kanin, doch wieder hat "Neo" das Nachsehen. Der Flug aber war in einem weiten Bogen um die Zuschauer herum gegangen, die somit schon mal voll auf ihre Kosten gekommen sind. Jetzt aber braucht "Neo" erst einmal eine Pause. Unterdessen hat sich Gerd Weiland mit seinem alten Habichtsweib zu uns gesellt, da seine (geliehenen) Frettchen nicht recht laufen wollen. Auf leisen Sohlen treten wir an den nächsten Bau heran. Helmut geht auf die Knie, nimmt Witterung auf, und nickt. 30 Jahre Kaninchenbeize haben seine Sinne ganz offensichtlich geschärft! Frettchen rein, Kaninchen raus, Habicht frei und .... Falknersheil. So einfach kann Beizjagd sein, wenn alle Beteiligten wissen, worum es geht. | | | | | Claas Niehues mit "Neo" und Freundin Bianca (links). Gerd Weiland ... immer lustig, immer erfolgreich (rechts). | | Trotz der Sonne weht den Zuschauern ein eisiger Wind in den Nacken. Die Nacht hatte den ersten Bodenfrost gebracht, und so kam dieses Jagderlebnis zur Aufmunterung der Umstehenden gerade recht. Ich winke Herrn Niehues heran, denn es könnte ja noch ein weiterer Grauer springen. Doch da lugt das Frett aus einer Röhre. Der nächste Bau wird angegangen. Herr Niehues postiert sich mitten darüber, da in alle Richtungen Sprungröhren abgehen. Mir scheint es, als ob der Harris schon aufmerksamer auf der Faust steht, als noch vor einer halben Stunde. Gut fünf Minuten läuft der Frettchenrüde nun schon. Helmut läßt auch die Fähe einschliefen. Wir warten und warten. Doch plötzlich: Da ... das erste ... und da: ein zweites. Sofort ist "Neo" von der Faust und gleich am Kaninchen dran. Ein erster Schlenker, er greift zu, das Kaninchen kommt wieder aus, "Neo" setzt nach, ein zweiter Schlenker ... und diesmal sitzt der Griff am Kopf ... ein Klagen, ein Rollen, ein kurzes Zucken noch ... und Ruhe! Das hat gepaßt! "Falknersheil!" ruft Helmut dem rennenden Herrn Niehues hinterher, und an mich gewandt: "Hätt' ich nie für möglich gehalten, daß dieser Piepmatz ein Kaninchen fängt". Überglücklich beugt sich Herr Niehues über seinen Harris, für den die Jagd an diesem Tag natürlich vorbei ist. Die nächste Stunde Rupfen und Kröpfen hat sich der kleine "Neo" redlich verdient. | | | | | Vor Beginn der Hubertusmesse in Kranichstein (links). Durch nichts aus der Ruhe zu bringen: Harris Hawk Dame "Molly" (rechts). | | In den nächsten drei Stunden kommen weitere 5 Kaninchen zur Strecke. Hubert Horas und Gerd Weiland beenden nach jeweils drei gebeizten Stück Wild den Tag. Schlag 15 Uhr lasse ich "Jagd vorbei" erklingen, haben wir doch schon kaum noch Zeit, um pünktlich zu unserer Verpflichtung auf Jagdschloß Kranichstein zu kommen.
Um 16 Uhr stand eine Hubertusmesse auf dem Programm. Ursprünglich als Probe für die nächstjährige Ordenstagung erdacht, hatte sich meine Idee verselbständigt, die auch nach der Absage der DFO-Tagung auf Schloß Kranichstein weiterlebte, ja sogar expandierte. Der Parforcehof und der Marstall des Schlosses boten den erwartet stilvollen Rahmen für diese Hubertusmesse nach Stief, die von Prof. Ernst gehalten und von zwei Parforce- und einem Jagdhornbläserchor musikalisch ausgestaltet wurde. Die Reiter des Darmstädter Reitervereins auf Friesen und wir Falkner vom DFO ergänzten die Kulisse. Da die Stiftung Hessischer Jägerhof groß die Werbetrommel gerührt hatte, war der Marstall voller Besucher und der Hessische Rundfunk mit einem Fernsehteam vor Ort an diesem rotglühenden, herbstlichen Spätnachmittag.
Mir war schon etwas mulmig, als wir Falkner in den vollbesetzten Marstall gebeten wurden. Unser Platz war vor der Bühne im gleißenden Scheinwerferlicht. "Wenn das mal gut geht", dachte ich noch, wie sich herausstellte aber grundlos. Nach dem langen Jagdtag waren die Vögel, selbst die fünf teilnehmenden Habichte, völlig entspannt und angenehm ruhig. Ein Vogel indes fühlte sich sogar richtig wohl in der (molligen) Wärme: "Molly", der Harris Hawk unserer Jungfalknerin Esther Obst. Die Begrüßung war noch nicht zu Ende geblasen, da begann sich "Molly" mit aller Seelenruhe zu putzen. Es gipfelte darin, daß sich der Vogel eine Stoßfeder nach der anderen durch den Schnabel zog und sich dabei auch nicht vom herbeieilenden Kamerateam stören ließ. Für den Wüstenbussard war halt gerade die Gefiederpflege wichtig, und alles andere nebensächlich ... zu unser aller Belustigung. | | | | | In gespannter Erwartung: Esther Obst und "Molly" (links). Ein Team: Hundeführerin, Falkner Horas und Frettchen"junge" Ulrich Goldbach (rechts). | | Als die Messe vorüber war, gab es nur Gewinner. Die Zuschauer hatten eine tolle Messe erlebt, die Stiftung ein volles Haus und wir DFOler eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit. So machten wir uns zufrieden auf den Weg zum Essen in die gegenüber gelegene Reiterschänke. Um 19 Uhr dann folgte die Landesmitgliederversammlung im großen Hirschsaal des Jagdschlosses. Die Stiftung hatte uns ausnahmsweise diesen schönsten Raum des Schlosses (eigentlich Museumsraum) zur Verfügung gestellt. Da es nicht viel zu bereden gab, konnte um 20 Uhr Frau Anna Akasoy, Orientalistin von der Uni Frankfurt, mit ihrem Gastvortrag über die arabischen Vorlagen zum Falkenbuch Friedrichs II. beginnen. Sie und einige ihrer Kollegen des Instituts für mittelalterliche Geschichte hatten die Möglichkeit genutzt, am Tage die praktische Beize zu erleben, über die sie so dankenswert intensiv in Frankfurt sonst nur theoretisch forschen. Interessiert lauschte die Versammlung den Worten Frau Akasoys, die uns viel Wissenswertes über das arabische Falkenschriftum am Hofe Friedrichs II. sehr anschaulich vermittelte. Um 21 Uhr war dieser erste Jagdtag offiziell vorüber, nicht jedoch für den harten Kern, der sich von Herrn Niehues auf das erste gebeizte Kaninchen in die Reiterschänke einladen ließ.
Um 10 Uhr am Sonntag trafen wir uns wieder zum Beizvogelappell im Jagdclub. An diesem Tag waren zehn Aktive anwesend, acht Habichte und die zwei schon erwähnten Harris Hawks. Da sich die Reviere außerhalb des Flugplatzes als nicht so wildreich erwiesen, wurde rotiert. Lediglich unser Gast Albert Gattung entschied sich – wie immer – für den beinharten, brombeerreichen Stadtwald.
An diesem Morgen – wieder meinte es Petrus gut mit uns, die Sonne lachte - hatte zunächst unsere Jungfalknerin Esther Obst meine ganze Aufmerksamkeit. Nachdem sie tags zuvor noch leer ausgegangen war, konnte ich sie zur erneuten (150 km) Anreise überreden. Zum Glück – denn lernen läßt sich nun mal leichter in der Gemeinschaft. Mit Helmuts Frettchen war die halbe Miete eigentlich schon eingefahren, wenn ... ja wenn "Molly" denn mitspielte. Bereits nach dem ersten Fehlflug war klar, es würde nicht lange brauchen. "Molly" wollte, nur ihr Falknerin war noch nicht ganz wach. Den Fehler selbst zu erkennen, ist der erste Weg zur Besserung. Kurz besprochen geht es zum nächsten Bau. Wieder flitzt ein Kanin hervor, und diesmal wird Molly sofort losgelassen. Leider aber gibt es ein Gegenflug, bekanntlich der schwierigste Flug überhaupt. Trotzdem setzt "Molly" nach, kommt auch nochmal heran, aber den scharfen Haken hinter einem Knick kann sie nicht mehr ausfliegen. Schade. | | | | | An der Tränke: Helmut Anhäusers alte Fähe (links). Machte ihrem Namen alle Ehre: Kaninchenteckel Krümel (rechts). | | Nach einer ganzen Weile ist das Frettchen immer noch nicht aus dem Bau. Esther Obst hat sich längst wieder postiert, als sich Helmut entscheidet, die Fähe nachzusetzen. "Da geht noch was", murmelt er im Weggehen. Er hatte das "was" noch nicht ganz ausgesprochen, da zischte ein Grauer aus dem Bau, direkt dahinter kam die Fähe hervor. "Molly" ist schon von der Faust. "Ja Molly, du schaffst es", ruft die erregte Falknerin ihr hinterher. Und tatsächlich ist "Molly" schon dran. Doch da kommt der Haken, sie steilt auf, dreht und jagt wieder an. Das Kanichen läuft geschickt unter einer kniehohen Treibstoffleitung entlang. Molly folgt dicht darüber. Dann scheint das Kaninchen plötzlich kurz zu verharren, denn Molly steilt in Falkenmanier empor. Doch da der Stoß, wie ein Falke beschleunigt "Molly" flügelschlagend in einem schnellen Schrägstoß und kracht ins hohe Gras. Wir hören ein kurzes Klagen. "Halt's fest, Molly. Halt's fest" hört man nun Esther Obst zum Ort des Geschehens rennen ... und dann das überglückliche Winken. Falknersheil. Das Kommen hat sich gelohnt. Und was für ein schöner Flug.
Unterdessen hatten auch Jungfalkner Ulrich Dommert und unser junger "Altmeister" Kai Siebert Erfolge signalisiert. Und auch von der gegenüberliegenden Seite hörte man Bells, die sehr abrupt mit einem lauten Klang verstummten – immer ein gutes Zeichen für einen Beizerfolg. Hier waren Otto Lixfeld und Gerd Weiland unterwegs. Der Kaninchenbesatz war so erfreulich hoch, daß bereits um 14 Uhr alle Falkner die Jagd beendet und ihre Vögel aufgeatzt hatten. Auch die Aktiven aus dem nahen Dünenrevier hatten bald Erfolg gehabt und waren mit ihren Vögeln zu uns herüber gekommen. Zusammen lagen 10 Kaninchen auf der Strecke. Zudem waren alle Vögel und Frettchen wieder gesund am Mann: was letztlich das wichtigste ist! Nach dem Streckelegen und "Kaninchen tot" machte sich die versammelte Korona auf den Weg zum "Schüsselbeizen" in eine nahegelegene Vereinsgaststätte. Es gab viel zu erzählen, zu bereden und zu fachsimpeln. Um 16 Uhr machten wir uns dann allerdings Sorgen um den einzigen noch ausstehenden Aktiven: Albert Gattung. Es wird doch nichts passiert sein. Ich war noch nicht ganz zur Tür heraus, da kamen mir Albert und seine liebe Frau Gine vom Parkplatz entgegen gelaufen. "Mensch, ich wollte gerade nach euch schauen", sage ich, "Wir haben uns schon Sorgen gemacht." Leicht verwundert reagiert Albert: "Jetzt hör aber auf, wieso denn das? Es ist doch erst 4 Uhr." Drinnen werden die Beiden freudig empfangen, und wieder die vielstimmige Frage: "Ist was passiert gewesen?" Nein, natürlich nicht. Albert hat wie immer eine passende Antwort: "Leute, kommt mal mit in den Wald, in die Brombeeren, ohne Frettchen, dann wißt ihr, was es heißt, drei Kaninchen zu beizen. Die fängt man dort nicht mal eben so in einer Stunde, auch nicht in drei. Es war harte Arbeit, für den Vogel, für den Hund und für den Falkner. Ich bin fix und fertig – aber ich bin zufrieden."
Es war dies ein gutes Schlußwort. Die beiden Tage, die wir mal wieder, wie seit 26 Jahren, unserem lieben Werner Spielberger zu verdanken haben, waren ein tolles Gemeinschaftserlebnis und in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Alle zehn Vögel hatten Jagderfolg, zusammen kamen 23 Kaninchen zur Strecke - in heutiger Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr. Den eingeladenen Zuschauern konnten wir ansprechende Jagd bieten, und in der Öffentlichkeit unsere Sache würdig repäsentieren. Wir wollen hoffen, daß wir noch viele Jahre in diesem Kreis und an diesem Ort zusammenkommen und unserer gemeinsamen Passion nachgehen können. | | Datum der Veröffentlichung: 21. November 2001 | | | |
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